„Seine Durchlaucht, der Prinz, haben erlaubt, dass Ihr euer Fluggerät aus seinem Zauberwald holt! Mehr noch, er schickt seine tüchtigsten Elfen nach Euch, um es aus der Krone der hohen, vierhundertjährigen Brauteiche zu bergen. Eilt euch nun, bevor es Winter wird und wieder die Geister des Waldes umgehen!“, ermunterte mich eine gute Fee und zückte ihren kleinen Zauberstab, aus dessen Spitze silbrig glänzende Funken und Sternlein hervorsprühten, die mit einem leisen, glockenhellen Klingen sanft zu Boden segelten, bevor die Fee mit einem knisternden Geräusch urplötzlich verschwand.
Rabenschwarze Nacht umgab mich, allein das Klingeln blieb, das nun immer deutlicher von kurzen Pausen rhythmisch unterbrochen wurde. Mein Arm kribbelte, der unter mir eingeschlafen war. Ich sprang hastig auf und begann mein Telefon zu suchen, wollte mich doch einer der Elfen anrufen, in Person des tüchtigen Industriekletterers Andreas Poppe aus Eberswalde, und der sagte ganz einfach: „Ich mache das!“.
Mutig erklomm er den 40 m hohen Baumriesen und barg aus dessen Krone unser Fluggerät, das der Projektkurs NaWi im Frühjahr geplant und gebaut, mit Messgeräten, DGPS-Sendern und Kameratechnik bestückt, auf eine Weltraummission geschickt hatte. Einzig das 30 m lange Gespann mit Fallschirm musste zurückbleiben.
Bild1: 10 – 9 – 8 – … – 0: Start der zweiten „Weltraummission“ der Monte unter idealen Wetterbedingungen.
Leider sah unsere Flugroutenberechnung die starken Höhenwinde nicht voraus, die den Landeort etwa 30 km ostwärts verschoben, in die Krone einer spektakulären Eiche der Schorfheide, weitab der Zivilisation. Das war unser Sicherheitspuffer, da uns die Flugsicherung auferlegt hatte, in gar keinem Fall den deutschen Luftraum zu verlassen. Waren diese Höhenwinde nach einer ungewöhnlich langen Westwind-Periode im Frühjahr die Anzeichen eines mäandrierenden Jetstreams und bereits Vorboten starker klimatischer Veränderungen?
Wir folgten im Vereinsbus der Spur des DGPS-Signals bis die Schotterpiste endete, gingen eine Stunde erwartungsfroh und gespannt mit Kompass querfeldein zu den übermittelten Koordinaten und liefen enger werdende Kreise, bis Lasse schließlich in den Himmel schaute: Mission (fast) geglückt!
Bild 2-4: Die erwartungsfrohe Such- und Bergetruppe des Projektkurses auf dem Weg zum luftigen Landeort und danach etwas ernüchtert.
Auf dem Rückweg – es dämmerte schon – setzte uns auch noch vermeintliches Wolfsgeheul zu und wir waren doch sehr erleichtert und amüsiert, als wir kurze Zeit später an einer nahegelegenen Husky-Farm vorbeifuhren. Zwar mussten wir unverrichteter Dinge nach Greifswald zurückkehren, schmiedeten allerdings schon auf der Rückfahrt tollkühne Pläne, konnten wir doch in unserem Kurs zwei Bogenschützen und einen geschickten Drohnenpiloten in Klasse 10G1 aufbieten.
Das Forstamt wurde kontaktiert, der Förster, der seinerseits freundlicherweise die Kommunikation mit dem Gutsverwalter des Eigentümers des Baumes – wohl ein echter Prinz! – übernahm, Baumkletterer wurden engagiert. Zu hoch, zu gefährlich, zu teuer, zu wenig Zeit, kaum erreichbar, nicht machbar. Die umliegenden Krankenhäuser mit Rettungshubschrauber lehnten unser Angebot einer anspruchsvollen Übung für ihre Höhenretter erstaunlicherweise freundlich ab. Die wertvolle Eiche und ihre Rinde durften bei der Bergung außerdem nicht beschädigt werden. Zusehens besorgte mich der Deckungsumfang der eigens abgeschlossenen Luftfahrzeughalterhaftpflichtversicherung. Aber Herr Poppe meisterte das und auch die seltsamen Märchenphantasien hörten auf.
Bild 5: Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende: Die glückliche Rückkehr auf festen Boden.
Nun warten Millionen Messdaten zu Druck, Temperatur und Feuchtigkeit auf ihre Auswertung. Steig- und Sinkgeschwindigkeiten wollen in Abhängigkeit der Höhe und der Zeit berechnet werden, um damit den Flug retrospektiv zu simulieren. Und nicht zuletzt freuen wir uns über die glückliche Rückkehr der teuren Ausrüstung und hoffen auf atemberaubende Filmaufnahmen vom Flug und aus der Stratosphäre über MV.
Herzlicher Dank gilt unseren Sponsoren, allen voran der Sparkasse Vorpommern, ohne deren großzügige Unterstützung dieses Projekt nicht hätte stattfinden können, Herrn Andreas Poppe und der Firma ROT.PUNKT Industrieklettern GmbH und Herrn Revierförster Johannes Wenske!
Fortsetzung folgt…